Die Wanderausstellung - Kunst auf dem Berliner Höhenweg 

von Eva Wißkirchen

Kampmanns Denken wird von Gegensätzen angezogen, sie spürt Paradoxien ihrer Lebenswelt auf, gruppiert sie um sich und entspinnt in ihren Zwischenräumen komplexe Bilder So bemerkte die Berliner Künstlerin im urbanen Umfeld ihres Ateliers am Alexanderplatz eine stetig wachsende, überraschende Sehnsucht nach authentischen Naturerlebnissen und heiler Welt, die zu einer Ökologisierung vieler Lebensbereiche führte. Der Wanderurlaub wurde entstaubt und begegnet uns sowohl mit Schick in Lifestyle-Magazinen als auch  im praktischen Funktionsgewand der schönen neuen Outdoorausstatter. Und das in einer Stadt, die in den letzten Jahren an Urbanität gewann und so zu einem Magneten für Künstler aus aller  Welt  wurde. Täglich ringen zahllose Ausstellungen, Eröffnungen und Performances in allen Teilen dieser Stadt um Aufmerksamkeit. Aufgrund des Überangebots ist allerdings fraglich, wie viel davon tatsächlich wahrgenommen, im aktiven Sinne rezipiert wird. Für Kampmann ergab sich daraus die Frage, wie sich diese Wahrnehmung verändern würde, zeigte man Kunst stattdessen an Orten, an denen ihre unerwartete Präsenz noch wirklich irritierend wäre. Für ein solches Experiment erschien die alpine Bergwelt besonders geeignet - ein traditioneller Sehnsuchtsort, der stark mit Klischeebildern aufgeladen ist, zugleich aber so stark abgeschieden ist, dass er den Wanderer auf sich selbst zurückwirft. So entstand das Kunstprojekt „Die Wanderausstellung“, in dem Malerei, Performance und Fotografie interagieren. Für die performative Wanderung hat die Malerin Katrin Kampmann zunächst 15 kleinformatige Leinwände gemalt. Hierzu hat sie die vielen Bezüge, die Kunst, Literatur, Philosophie, aber auch Massenmedien wie Fernsehen, Heimatfilm und Werbung zur Bergwelt herstellen, bewusst auf sich 

wirken lassen und als Destillat dieser vermittelten Eindrücke kleinformatige Bilder gemalt, die mit allen Facetten der Thematik spielen. Kampmanns Arbeiten sind bekannt für ihre  semantische und maltechnische Vielschichtigkeit und auch hier legen sich wieder zahlreiche Schichten übereinander und wachsen so zu einem Gebirge der Themen, Figuren und Emotionen. Die Gemälde wurden auf Rucksäcken festgeschnallt und von Katrin  Kampmann, sowie von Felicitas Aull und Eva Wißkirchen, die  die Künstlerin bei Organisation und Durchführung des Projektes unterstützten, über den Berliner Höhenweg in den Zillertaler Alpen getragen. Auf jeder der Berghütten einer Tagesetappe wurden ausgewählte Bilder präsentiert und am  siebten Tag folgte eine Vernissage auf der Berliner Hütte, bei der erstmals alle Bilder gezeigt wurden. Das Aufhängen der Bilder in den Hütten bot Kampmann die Gelegenheit zu einer Fotoreihe, die eindrucksvoll das Aufeinandertreffen von klassischem Berghütteninterieur und zeitgenössischer Kunst zeigt. Außedem entstanden Lochkamerafotos der Bergkulissen, die erst nach der Rückkehr ins Flachland entwickelt werden konnten. So bestand bis zuletzt die Spannung, ob die Aufnahmen gelungen sind und den Erwartungen

entsprechen würden. Die gesamte Aktion wurde von dem Fotografen Henrik Jordan dokumentiert. Der Kulturreferent der Sektion Berlin des Deutschen Alpenvereins (Warmund Koch) war der Bergführer und eine Reihe kunstbegeisterter Alpinisten begleiteten die Wanderausstellung. Nach Berlin zurückgekehrt setzte Kampmann die unmittelbaren - nicht mehr bloß vermittelten - Eindrücke der  Wanderung  auf großen Leinwänden um.